So, nun mal ernsthaft, denn allzuviel ist ja hier noch nicht zum FW106ST geschrieben worden:
Der EM2go FW106ST ist ein chinesischer Billigscooter, der baugleich mit dem Patona PT12-1 ist, und wahrscheinlich aus der gleichen Fabrik kommt, wie all die anderen Modelle mit dem gleichen Wechselakku, z. B. der Trekstor EG40610 (baugleich mit Technostar TES300, Kix Pro move und Bluewheel IX500) und weitere.
Meiner kam mit leerem Akku und fast leeren Reifen, dafür aber ohne Inbusschlüssel und mit einem so unzureichend angeklebtem Seitenreflektor, dass der schon beim auspacken abfiel.
Die Reifen lassen sich nur schwer aufpumpen, weil (vor allem am Vorderrad) die Ventile schlecht erreichbar sind. Ohne eine Pumpe mit Anschraubschlauch geht es wohl nicht. Trotz entsprechenden Korrekturversuchen haben die Reifen einen Höhenschlag.
Während der Ladung war Zeit, die Scheibenbremse so einzustellen, dass sie auch ihren Zweck erfüllen kann ohne jedoch im nicht betätigten Zustand zu schleifen.
Nachdem der Akku nach weit über drei Stunden geladen war (wobei sich das 2A-Ladegerät ordentlich erwärmte), habe ich eine kleine Probefahrt unternommen. Die endete leider recht schnell, weil sich Fehlfunktionen zeigten. Manchmal lief der Motor beim Gasgeben nach dem Ankicken garnicht an, dann lief er nach Stops nicht wieder an. Außerdem ist die auf das Vorderrad wirkende und nicht dosierbare Motorbremse so stark programmiert, dass es einen fast vom Roller schmeißt, oder zumindest auf nicht 100% trockener und griffiger Fahrbahn zum Blockieren des Vorderrads führen kann. Und weil der Roller ab Werk eine mit dem linken Hebel betätigte Kombibremse hat kann man nur mit der Schutzblechschleifbremse bremsen, wenn man die Vorderradbremse vermeiden will. Es gibt aber Abhilfe, doch dazu später mehr...
Wegen der Probleme und Fehlfunktionen habe ich dem EM2go-Service geschrieben und um Lösungsvorschläge gebeten, und zwar mehrfach. Als ich nach vier Tagen keine Antwort bekam, habe ich bei EM2go angerufen. Ein junger Mann erklärte mir wortreich, dass meine Mails angekommen seien, er die Fragen aber nicht beantworten könne, weshalb er sie an den Hauptsupporter weitergeleitet habe, der aber erst morgen wieder aus dem Urlaub käme und sich dann oder spätestens am kommenden Montag melden würde. Weil sich am folgenden Montag niemand von D-Parts meldete, habe ich am Dienstag erneut dort angerufen. Der Hauptsupporter hat dann zwei meiner drei Mails gelesen (in der letzten hatte ich geschrieben, dass nach dem Fehlerbild wohl der Gasgriff defekt ist), und antwortete mit allgemeinen Bedientipps und Funktionsbeschreibungen, die darauf hindeuteten, dass er meine Fehlerbeschreibungen nicht sorgfältig gelesen oder nicht verstanden hat (was kaum an meinen ausführlichen Beschreibungen gelegen haben kann, sondern eher an Sprachproblemen, die sich auch in seinen eigenen Texten offenbarten).
Nachdem ich Ihn auf meine dritte Mail hingewiesen habe, hat er bestätigt, dass wahrscheinlich der Gasgriff die Problemursache ist. Da ich nicht wochenlang auf den Roller verzichten wollte, und nun auch kein besonders großes Vertrauen in die Kompetenz des EM2go-Service mehr hatte, habe ich um Übersendung eines neuen Gasgriffs und einer Anleitung zum Einbau gebeten. Den Gasgriff wollte man mir schicken, aber eine Anleitung gäbe es nicht, schrieb man mir. Ich antwortete, dass ich auch keine gedruckte Anleitung erwarten würde, sondern nur eine kurze Beschreibung der erforderlichen Montageschritte zur Freilegung der vermuteten Steckverbindung. Ich habe mir den Lenker dann aber selbst genauer angeschaut und allein herausgefunden, wie man den Gasgriff demontiert, also um alsbaldige Zusendung eines neuen gebeten. Die darauf folgende wenig schlaue Nachfrage, ob denn die in all meinen Mailsals Signatur stehende Postanschrift auch die Versandanschrift sei, fand ich leider erst nach Feierabend, so dass der Gasgriff erst am Folgetag nach meiner Bestätigung versandt wurde. Der Gasgrif offenbarte nach der Zerlegung übrigens einen aus der fehlkonstruierten Halterung herausgebrochenen Magneten.
Der neue Gasgriff wurde gestern - 13 Tage nach Lieferung meines neuen aber fehlerhaften Rollers - geliefert. Auf dem Lieferschein stand "Aus Kulanz", obwohl es natürlich eine Garantielieferung war, die ich kulanterweise zur Vermeidung von Aufwand und erheblichen Hin-und her-Verandkosten für den kompletten Roller zu Lasten von D-Parts freundlicherweise selbst einbaue. Dafür gab es aber weder einen Dank, noch die angekündigte Nachlieferung des fehlenden Inbusschlüssels.
Meine Ersterfahrung mit dem FW106St und dem Service von EM2go waren also nicht besonders gut, letzterer aus meiner Sicht leider sogar eine glatte sechs.
Nach Einbau des konstruktiv überarbeiteten Gasgriffs (mit deutlich verbesserter Magnethalterung und Lenkerklemmung) lief nun der Roller endlich wie vorgesehen. Während die nicht einstellbare Vorderradfederung viel zu hart ist, war die hintere zu weich, was aber problemlos an der Vorspannungsschraube nachstellbar war. Den abgefallenen Reflektor habe ich mit Sekundenkleber wieder angebracht.
Dann habe ich versucht, nach dem Luftablassen die Höhenschläge aus den Reifen zu drücken. Das ist leider nur teilweise gelungen. Allerdings ließ sich am Vorderrad danach der Pumpenschlauch nicht mehr auf das Ventil des vorderen Reifens schrauben. Also habe ich das Vorderrad ausgebaut,und den Motordeckel abgeschraubt, um das zu kleine Ventilloch aufzufeilen. Nach dem Zusammenbau konnte ich auch den Pumpenschlauch wieder anschrauben und Luft in den Vorderreifen pumpen.
Zur Kombibremse: der linke Bremsgriff betätigt ab Werk einerseits über einen Bowdenzug die mechanische Scheibenbremse am Hinterrad, und zum anderen über einen Schalter die elektronische Motorbremse des Vorderrads. Die Motorbremse allein wird über einen Schalter im rechten Bremshebel betätigt. Da die Motorbremse für meinen Geschmack zu rabiat und nur binär (aus oder an) eingreift, möchte ich sie nur im Notfall benutzen. Also mußte der Schalter im linken Kombibremsgriff deaktiviert werden. Da es wohl ein Schließer ist, der ohne Betätigung vom Bremsgriff gedrückt wird, mußte ich dafür sorgen, dass er beim Betätigen des Griffs nicht geöffnet wird. Ich habe also den Schalter ausgebaut, den Pin eingedrückt, mit Klebeband in dieser Position fixiert, und den Schalter wieder eingebaut. Nun habe ich drei voneinander unabhängige zu betätigende Bremsen. So ist der Scooter nun auch ohne übermäßige Sturzgefahr fahrbar.
Was ich noch nicht abschließend beurteilen kann ist der Akku. Es sieht so aus, als ob das 2020 hergestellte Strompaket nicht über ein BMS mit Schlafmodus bis zur Erstinbetriebnahme verfügt, und der Akku also bei Auslieferung tiefentladen war, was bekanntlich schädlich für Kapazität und Lebensdauer ist (in der Anleitung steht eine maximale Lagerzeit ohne Ladung von 6 Monaten, die definitiv überschritten war). Beim ersten Versuch war er nach knapp 15 Kilometern beim letzten Strich angelangt, und nach der Vollladung bricht die Spannung bei Vollgas sofort soweit ein, dass der erste Strich der Kapazitätsanzeige erlischt. Mal schauen, ob sich der Akku nach ein paar Ladungen nochmal etwas erholt - anderenfalls muß ich dann wohl nochmal mit EM2go/D-Parts ins kurze Gras, die zwar einen Test des Akkus angeboten haben, aber nicht sagen wollten, wie sie den durchführen würden, womit für mich klar war, dass das wahrscheinlich zu nichts anderem führt, als einem wochenlangen Verzicht auf den Akku und wahrscheinlich der "Diagnose", dass er topfit sei. Mal schauen...
Fazit: Wenn man etwas handwerkliches Geschick mitbringt, und über etwas Werkzeug und eine passende Luftpumpe verfügt (ich empfehle die Beto SP-002AG mit dem patenten Ventilkopf, der beim an- und abschrauben keine Luft entweichen lässt: günstig in der Bucht), dann kann man als Gelegenheitsfahrer diesen Roller beruhigt kaufen, sofern man dafür (inkl. dem "großen" Akku) nicht mehr als 400 Taler geben muss. Schnellen und kompetenten Service sollte man aber wohl besser nicht brauchen und erwarten...
Vorteile dieses Modells sind:
Die Federung, die Luftreifen, der entnehmbare Akku fernab von Pfützen und Sprtzwasser, die große Bodenfreiheit, die relativ hohe Zuladung (zGG 120kg bei etwas über 15kg Fahrzeuggewicht), App-freier Betrieb, USB-Ladebuchse (entgegen den Angaben von COMPUTERBILD auch bei geschlossenem Deckel nutzbar), gute Handyhalterung im Lieferumfang, relativ geringer Preis
Nachteile dieses Modells sind:
Nur 8,5 Zoll große Reifen, relativ kleiner Akku und damit begrenzte Reichweite, defektanfälliger Gasgriff ab Werk, Kombibremse ab Werk, relativ schwergängiger Klappmechanismus und unzuverlässige Fixierung in geklappter Stellung, Reifenventil vorn nur schwer nutzbar, Motorbremse sehr stark und nicht dosierbar, zu kleines, sich stark erwärmendes Ladegerät (2A), sehr dunkles Display
Bei Fragen einfach fragen...
Grüße
Jan