Unsere wahren Urgesteine im Forum stellen sich 12 Fragen: Interview mit Fireball_mh und Frank Triesen

Lieber @fireball_mh und lieber @Frank Triesen, Ihr Zwei seid wahre Urgesteine im Forum und seit erster Stunde dabei. Was Euch besonders auszeichnet ist Euer riesengroßer Fuhrpark an eScootern und das mittlerweile damit verbundene Wissen. Wie viele eScooter habt ihr euch insgesamt bisher angeschafft und wie viele besitzt Ihr zum jetzigen Zeitpunkt?
Fireball: Genau kann ich das schon gar nicht mehr sagen, aber mittlerweile sicherlich 60+, wovon sich aktuell noch 20 „grundsätzlich fahrbereite“ Exemplare in meinem Besitz befinden, wovon wiederum etwa 10 mehr oder weniger regelmäßig bewegt werden.
Frank: Bis jetzt sind etwa 22 Scooter in meinen Besitz gewesen, ja und die allermeisten habe ich tatsächlich auch noch. Aktiv in der Garage stehen zurzeit 17.
Wir (Freundin, Bruder nebst Freundin, Papa und meine Wenigkeit) bilden gewissermaßen die Nutzergemeinschaft der Fahrzeuge.
Welcher war Euer erster eScooter und welche Erinnerungen habt Ihr an ihn?
Frank: Mein erster Scooter war der Vmax R25 Performance. Das ist nun ziemlich genau 5 Jahre her als ich den kaufte. Noch immer ist das Gerät bei mir in bester Erinnerung und fährt hier auf dem Areal sehr zuverlässig. Zur damaligen Zeit schon voll gefedert, Blinker in den Ecken vom Trittbrett und 10AH stark.
Fireball: Das war ein CityBlitz Beast – fette Leihscooter-Optik und unverwüstlich, aber auch knüppelhart, schlecht abgestimmt und schwach am Berg, also der klassische Urzeit-Scooter...
Ihr habt euch im Jahre 2020 im Forum registriert. Könnt Ihr Euch noch an den genauen Grund erinnern, wieso Ihr Euch damals hier registriert habt?
Fireball: Primärgrund war der Wunsch nach nachhaltigem Informationsaustausch und gleichzeitig dem Einführen von möglichst hilfreichen und informativen Erfahrungsberichten und damit auch objektiven Kaufberatungen zu den verschiedenen Modellen am Markt, was damals noch ein richtiges Neuland war. Heute sieht das Ganze ja bekanntlich deutlich besser aus, und die meisten User kennen sich mit dem allgemeinen Steigungsverhalten von E-Scootern bei gegebener Motorisierung oder der richtigen Interpretation von Reichweitenangaben schon ganz gut aus. ;-)
Frank: Ja, daran kann ich mich noch gut erinnern, trotz meines fortgeschrittenen Alters…
Ich kam 2020 ins kleine beschauliche Fürstentum Liechtenstein, vorrangig beruflich bedingt, und überlegte mir nun hier meine Mobilität zu organisieren. Damals begann die Thematik auch in Deutschland interessant zu werden, erste offiziell zugelassene Scooter konnten käuflich erworben werden. Ja und was ist besser um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen als ein Fachforum? Darum hier die Anmeldung. Und bis heute bereue ich’s tatsächlich nicht.
Wie ist es dazu gekommen, dass ihr euch für das Thema eScooter so sehr begeistert und welche Rolle spielen eScooter in Eurem Alltag?
Fireball: Angefixt hat mich meine bessere Hälfte, für die wir damals einen aufbereiteten MyTier-Leihscooter als „Freizeit-Mobilitätshilfe“ ím Zuge einer verletzungsbedingten Geheinschränkung besorgt haben. Nach den ersten, noch ziemlich wackeligen Fahrversuche war ich dann relativ schnell infiziert, und die rasante technologische Weiterentwicklung der Geräte, die deren kurzweilige Einsatzmöglichkeiten praktisch ins Unermessliche erhöht hat, hat mich bis heute nicht mehr losgelassen.
Anwendungsgebiete sind in erster Linie ausgiebig(st)e Ausfahrten in die bergige Natur, aber auch der Pendel-Einsatz in Verbindung mit Bus&Bahn.
Frank: Naja, der Grund ist bei mir ziemlich pragmatisch. Der Escooter ist das ideale Fahrzeug um schnell, praktisch und, verglichen mit einem Auto, sehr kostengünstig von A nach B zu kommen. Dazu muss ich aber auch fairerweise sagen, dass ich hier in Liechtenstein die perfekte Infrastruktur vorfinde. Die Radwege sind super ausgebaut, immer sauber und perfekt an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Das macht die Nutzung dann auch einfach und sinnvoll.
Im Nachhinein betrachtet: Wie bewertet Ihr die eScooter-Entwicklung im Zeitraum 2020 bis heute bzw. welche maßgeblichen Entwicklungen führten zum Fortschritt?
Frank: Naja zunächst mal finde ich es gut, dass die Escooter auch in Deutschland entsprechend Fuß gefasst haben. Ich würde mir da aber gerne wünschen, dass Dinge die hier (CH/FL) erlaubt sind auch in Deutschland möglich wären.
Thema Tempomat oder Beleuchtung seitlich am Fahrzeug zum Beispiel. Bis heute können wir aber getrost sagen, dass die Fahrzeuge immer besser wurden/werden, und zwar in Sachen Effizienz, Leistung, Qualität und Nachhaltigkeit. Auch Wechselakkus werden diesbezüglich mehr und mehr zum Thema.
Fireball: Kurz gesagt: rasant!
Nach etwas holprigem Start in den ersten paar Jahren gab es immer wieder echte Evolutionssprünge. Im Gedächtnis geblieben sind mir in diesem Zusammenhang folgende Modelle:
- Wizzard 2.5 Plus: der erste echte Tourenscooter am Markt, wenn auch noch etwas schwachbrüstig, aber 26Ah@48V und Vollfederung waren zum damaligen Zeitpunkt einmalig, um nicht zu sagen sensationell.
- Soflow SO4 Pro: mit seinem super starken Getriebemotor hat dieses Modell den Markt in Punkto Power jahrelang dominiert, was in Anbetracht der heutigen Entwicklungsgeschwindigkeit nahezu unvorstellbar erscheint.
- VMAX VX2: der erste lautlose Direktläufer, der richtig Dampf hatte und gleichzeitig eine enorm hohe Reichweite bot.
- Trittbrett Paul: eine weitere Motorenentwicklungs-Evolutionsstufe und das erste richtige „Fatbike mit Spaßgarantie“ am E-Scooter-Markt.
- VMAX VX2 Pro: der Urvater der heutigen Powerscooter-Generation und ein Meilenstein im Bereich getriebeloser Antriebe.
- Fritz 1+2: insbesondere das neuere Modell war der allererste E-Scooter ohne Getriebe, der es an Steigungen endlich (…) mit einem SO4 Pro aufnehmen konnte, während die erste Version durch ein extrem gutes Gesamtpaket ohne große Schwächen den Markt aufgemischt hat.
- Elite X: 2x1000W-Motoren mit 2400+W Peakleistung und 25Ah@48V in praktischem Wechselakkuformat, sowie in jeglicher Hinsicht riesige Abmessungen dürften bei dessen Erscheinen kaum einen E-Scooter-Enthusiasten kalt gelassen haben. Leider konnte das letztendlich deutlich verspätet ausgelieferte Modell den bewusst geschürten, extrem hohen Erwartungen bekanntlich nicht Stand halten.
Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass die Preisentwicklung der kontinuierlich verbesserten neuen Modelle seit knapp einem Jahr wieder in die richtige, „massenkompatible“ Richtung geht. Überteuerte Exklusivmodelle werden immer seltener und die aktuellen Topmodelle erfreulicherweise für (fast) alle erschwinglich, und dass, obwohl der heutige, aufgeklärte Kunde immer mehr Wert auf eine überdurchschnittlich gute Qualität und einen ebensolchen Support legt.
In letzter Zeit kamen vermehrt neue eScooter auf den Markt, die mit einem Dual-Motor ausgestattet sind. Wie steht Ihr zu dem Thema: Muss man einen Dual-Motor unbedingt haben um mehr Spaß zu haben und steile Steigungen zu bewältigen oder ist es eher ein „Nice to have“?
Fireball: „That depends“, wie der Kollege aus Übersee sagen würde. Wenn man mit 120 kg Eigengewicht 30% steile Steigungen hochfahren will oder muss, dann geht kein Weg an einem besonders starken Dualantrieb vorbei – bis zu einem gewissen Grad wären auch noch geräuschintensive Getriebemotoren eine Alternativüberlegung wert. Für 9.x von 10 Normalsterbliche reichen die aktuellen Powerscooter-Modelle mit einem Motor aber vollkommen aus, da der typische Anforderungs- und tatsächliche Anwendungsbereich doch etwas moderater aussieht. ;-)
Zudem sollte man auch bedenken, dass Dualmotor-Scooter in der Regel deutlich schwerer, teurer und energiehungriger sind als ihre einmotorige Konkurrenz, und eine wirklich saubere Controller-Abstimmung ist hier auch nicht ganz so einfach (Stichwort Dosierbarkeit von Gas und E-Bremse).
Frank: Also ganz generell finde ich Dualantrieb schon sehr cool. Ich schränke das aber, für mich zumindest, auf die absoluten Spaßgeräte ein. Ich fahre da zurzeit den Vsett 9+, Sxt Beast Pro, Kaabo Wolf Warrior und den Dualtron City. Alles Fahrzeuge die man mal fährt um Spaß zu haben.
Zugelassen in Deutschland oder der Schweiz machen aber solche Fahrzeuge schon Sinn, betrachtet man mal die Einsatzmöglichkeiten. Wohne ich sehr bergig und/oder bringe entsprechend Gewicht aufs Fahrzeug würde ich darauf nicht mehr verzichten wollen.
Entsprechendes Budget vorausgesetzt freilich.
Da Ihr beide schon sehr viele eScooter gefahren habt, ist Euer Anspruch natürlich sehr hoch, insbesondere was die Steigleistung angeht, da Ihr auf bergigem Terrain lebt. Über welche andere Ausstattung bzw. Leistungsmerkmale sollte ein für Euch ausreichender eScooter verfügen bzw. welche Voraussetzungen muss der Roller erfüllen für eine eventuelle Neuanschaffung?
Frank: Naja, so hoch ist mein Anspruch eigentlich gar nicht. Der jüngste Neuzugang im Fuhrpark, der Xiaomi 5Max, zeigt mir eigentlich, dass auch 1000W Peak für den Alltag völlig reichen.
In Zukunft würde ich mir aber wünschen, dass man über die Leistungsgrenze von 500W Nenndauerleistung nachdenkt. Im deutschsprachigen Raum (zumindest auch mehrheitlich in der Schweiz) sind einfach drehmomentstärkere Scooter gefragt. Anbieter aus diesen Ländern könnten und würden das sicher bei der Entwicklung neuer Modelle berücksichtigen.
Fireball:
- sauber abgestimmte Power (beim Beschleunigen und vor allem an Steigungen beliebiger Länge)
- Reichweite (fast genauso wichtig!)
- Fahrkomfort und Ergonomie (ebenso wichtig für den Fahrspaßfaktor)
- noch einigermaßen moderates Gewicht (30.x kg sollten hierbei das absolut oberste Limit sein)
- ein im Marktumfeld und in Bezug auf die gebotenen Features/Ausstattung angemessener Preis
Benutzt Ihr regelmäßig Blinker beim Abbiegen und seid Ihr der Meinung, zwei vordere und zwei hintere Blinker sollten Standard werden für mehr Sicherheit?
Frank: Also, wenn vorhanden werden die auch genutzt. Ich denke mir auch dass das mehr und mehr Standard werden dürfte.
Fireball: Bei manchen Modellen reichen tatsächlich gute (und fast genauso wichtig: gut und einfach zu bedienende) Lenkerendenblinker (Bsp.: Egret Ey!1 oder, wenn man nicht zu breit ist, NIU Kqi 300X), beim Thema Sicherheit sollte aber grundsätzlich nicht gespart werden, also am besten helle Rundum-Blinker, ein ebensolches Bremslicht und eine vernünftige Frontlampe!

Foto: Teil von Frank's Fuhrpark
In Deutschland straßenzugelassene eScooter müssen mit mindestens zwei verschiedenen Bremsen ausgestattet sein. Hersteller bieten hierbei: Scheibenbremsen, Trommelbremsen, hydraulische Bremsen und die Motorbremse. Welche Art der Bremsfunktion benutzt Ihr am liebsten?
Fireball: Ganz klar: (fast) verschleißfreie Trommelbremsen vorne UND hinten, inkl. einer separaten, wirkungsvollen und gut dosierbaren E-Bremse wie beim EPF-2/Pulse/Fritz/Hilde) – keine Wartung, hohe Zuverlässigkeit/Ausfallsicherheit und (für die allermeisten Anwendungsfälle) mehr als ausreichende Bremswirkung!
Frank: Das ist hier in der Schweiz/Liechtenstein ebenso Vorschrift. Ich bin da Pragmatiker…
Hauptsache es funktioniert. Mein 5Max hat auch nur einen Bremshebel, Trommelbremse und Rekuperation. Aber klar, fahre ich jeden Tag hunderte Höhenmeter dann sollte man auch entsprechend den Anspruch ans Fahrzeug nach oben setzen, nebst dem Budget natürlich.
Welches Zubehör/welche Ausrüstung nehmt Ihr mit auf Euren Touren und welches Zubehör werdet Ihr niemals missen wollen?
Frank: Da ich oft auch bei Dunkelheit fahre ist für mich eine Zusatzbeleuchtung obligatorisch.
Aber sonst? Eigentlich nichts… Ich prüfe regelmäßig den Luftdruck, checke auch die Schrauben ab und an. Fertig.
Fireball:
- voll aufgeladenes Handy mit Komoot-App
- Luftkompressor für den Pannen-Notfall
- Inbusschlüssel zum Festziehen von sich lockernden Schrauben
- Fahrradkettenschloss für einen Spontaneinkauf unterwegs
- Schlechtwetterkleidung (Windbreaker, Steppweste, Stoffmütze und Handschuhe)
- Wasserflasche, ggf. Insekten-Schutzbrille und Sonnenschutzspray
Wenn Ihr an der aktuellen Elektrokleinstfahrzeugverordnung (eKFV) eine Sache ändern dürftet, wäre es...?
Fireball: Bedingungslose Gleichstellung von E-Scootern und Fahrrädern (bis auf den Transport in der Bahn ;-), sowie Anhebung des Tempolimits auf 25 km/h (ohne Toleranz – auf diese müsste man dann nämlich wohl verzichten).
Frank: Auch wenn’s mich hier nicht betrifft…
Die Escooter-Gemeinschaft würde sich sicher über einen Tempomat freuen, idealerweise einstellbar über die App oder direkt am Fahrzeug. Das erleichtert das Fahren langer Strecken ungemein.
Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Wie seht Ihr den eScooter-Markt in zwei Jahren und welche Trends/Verbesserungen werden Hersteller bis dahin unternommen haben?
Fireball: Das ist wirklich schwer (voraus) zu sagen...Auf jeden Fall noch besser ausgestattete Modelle mit moderneren Displays und besseren Apps zu noch humaneren Preisen, bei tendenziell abnehmendem Fahrzeuggewicht und (etwas) ausgefallenerem Design.
Frank: Ich denke mir dass wir mehr und mehr vollgefederte Modelle zu kaufen bekommen. Das macht für mich auch Sinn und fördert einfach das Wohlbefinden auf längeren Strecken. Wünschenswert wären für mich aber bessere Sicherheitsoptionen, direkt am Fahrzeug. So eine Art Kicklock wie es Vanmoof schon vor Jahren hatte.
Währenddessen glaube ich dass die Peakleistungsbolzerei bald ein Ende hat und mehr Wert auf feinere Abstimmung und gute Fahrbarkeit gelegt wird.
In dem Sinne, Gute Fahrt…
Vielen Dank Euch Zwei für das Interview!